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Steffen Becker (24), 2. Vorsitzender des Sportvereins Fischbach im Interview mit dem Sportbund Pfalz

Verantwortung übernehmen im Sportverein! Der Sportbund Pfalz startet 2020 eine Werbe- und Imagekampagne für das ehrenamtliche Engagement im Sportverein. Die Kampagne heißt „Verantwortung übernehmen“ und stellt Personen vor, die nicht nur reden, sondern die handeln und Verantwortung in ihrem Verein übernehmen bzw. übernommen haben. Den Auftakt macht Steffen Becker, der mit 24 Jahren bereits 2. Vorsitzender des SV Fischbach ist und bei der Ehrungsmatinée des Sportbundes Pfalz im Januar als Newcomer des Jahres ausgezeichnet wurde.

 

Herr Becker, mit 24 Jahren sind Sie schon 2. Vorsitzender beim SV Fischbach. Wie kam es dazu und seit wann sind Sie im Amt?

Wie fängt so etwas an? Es gab Bedarf in unserem Sportverein, ich hatte als Schüler und später als Student Zeit und Interesse mich zu engagieren und eine Familie, die selbst Engagement und Ehrenamt vorlebt. Einen großen Anteil haben aber auch der Verein bzw. alle Personen um den Verein, die (junges) Engagement fördern und den Verein bzw. Engagierte jederzeit nach ihren Kräften unterstützen.

Zu Beginn war ich nur Sportler, dann half ich als Jugendlicher bei Veranstaltungen, später kamen die Erstellung und Pflege der Vereinshomepages und Social-Media-Auftritte hinzu. 2012 übernahm ich mit verschiedenen Freunden Trainingseinheiten, seit dem Aufstieg unserer ersten Badmintonmannschaft in der Saison 2012/13 arbeite ich bei der Organisation der Bundesliga-Heimspiele mit. Schließlich kam 2013 die Frage auf, ob ich mir eine Mitgliedschaft im Gesamtvorstand zutraue. Ich übernahm das Amt, ohne dass allerdings groß weitere Aufgaben hinzukamen. Im April 2017 wurde ich dann zum 2. Vorsitzenden „befördert“, nachdem meine Vorgängerin aus zeitlichen/beruflichen Gründen in die zweite Reihe zurückkehren wollte. Damit verbunden war der Eintritt in die Vorstandschaft unseres Fördervereins.

 

Sind Ihre Vorstandskolleg*innen des SV Fischbach auch so jung wie Sie oder sind Sie eher eine Ausnahme?

In unserem Gesamtvorstand sind aktuell rund 30 Prozent der 16 Mitglieder unter 35 Jahre alt, das finde ich für einen seit 1959 bestehenden Verein nicht schlecht. Dazu muss man sagen, dass auch die älteren Mitglieder noch sehr aktiv und rührig sind. Zudem wird die Vereins- und Fördervereinsführung bei allen Events stark von Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem Dorf unterstützt. Junges Engagement in Fischbach ist also kein Einzelfall!

 

Welche Aufgaben übernehmen Sie im Verein? Wieviel Zeit schenken Sie dem SV dafür?

Die Aufgaben sind vielfältig und variieren je nachdem, was ansteht. Man muss betonen, dass ich das wenigste allein mache, wir arbeiten beim SVF sehr projektorientiert und dazu in Teams, leider finden sich die Verantwortlichen jedoch fast immer im selben Personenkreis.

Zu den regelmäßigen Tätigkeiten gehören die wöchentlichen Trainingseinheiten in der Halle, die Turnierbetreuung an Wochenenden, die Aufgaben als Mannschaftsführer der dritten Mannschaft, die technische Begleitung der Bundesliga-Heimspiele sowie die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins inkl. der Gestaltung der Druck- und Werbesachen. Auch kleinere handwerkliche Tätigkeiten führe ich mit unserem Hallenwart oder anderen Vereinsmitgliedern durch.

Im Rahmen unserer Veranstaltungen (3 Faschingsveranstaltungen, 6-tägiges Köhlerfest, Kerwe, Weihnachtsfeiern sowie weitere Veranstaltungen in Zusammenarbeit mit örtlichen Vereinen und Institutionen), auf die der Verein finanziell angewiesen ist, gehören Planung, Durchführung und Tagesleitung von diesen zu meinen Aufgaben, all dies natürlich in Zusammenarbeit mit dem 1. Vorsitzenden Arno Mayer, der viel Organisatorisches und Verwaltungstechnisches übernimmt, sowie den zuständigen „Projektteams“ und dem Vorstand des Fördervereins.

Dazu kommen außergewöhnliche Projekte, wie z.B. die durchgeführte LED-Umstellung der gesamten Sporthalle inkl. Nebenräumen und der Funktionsbeleuchtung am Sportplatz sowie energetische Umrüstungen, inkl. der Bearbeitung der Zuschussanträge. Auch laufen derzeit die Planungen für die Sanierung der Heizungs- und Sanitäranlage und weiterer Energieeinsparmaßnahmen.

 

Was machen Sie beruflich und wie lässt sich Ihr Beruf, aber auch Ihr Privatleben mit dem Ehrenamt verbinden?

Bislang konnte ich die Vereinsarbeit neben der Schule und dem Bachelor-/Masterstudium durchführen, diese Zeit ist nun vorbei. Seit Anfang März arbeite ich als ERP-Consultant Service beim einem Softwarehersteller.  Ich gehe davon aus, dass ich mich zeitlich etwas einschränken muss, bin aber optimistisch, dass ich weiterhin (im Verein) sehr aktiv bleiben werde. Ich bin zudem jemand der gerne und viel arbeitet. Bevor ich mich auf die Couch lege und fernsehe, mache ich lieber etwas Anderes, am besten mit Bewegung und etwas, das mich fordert. Auch außerhalb des Vereins bin ich sehr aktiv und bin froh, dass ich das alles unter einen Hut bekomme. Dabei hilft es enorm, wenn Familie und Freunde Verständnis haben und einen unterstützen.

 

Welche Botschaft haben Sie für jüngere Menschen, die sich unschlüssig sind, ein Amt oder eine Aufgabe im Verein zu übernehmen?

Ich kann es jedem nur empfehlen, sich zu engagieren. Nicht nur, dass es Spaß macht, zusammen mit anderen etwas zu bewegen und zu bewahren, man lernt dabei großartige Leute und Freunde kennen, erfährt viel Unterstützung und Dankbarkeit. Gleichzeitig kann man Verantwortung übernehmen, nicht nur für den Verein, sondern auch für die Gesellschaft. Beruflich, kann ich aus eigener, mehrfacher Erfahrung sagen, fällt es sehr positiv auf, wenn man sich ehrenamtlich engagiert. Zwar kostet Ehrenamt auch immer Zeit, aber man kann selbst beeinflussen, wie viel Zeit man bereit ist zu geben und man bekommt so viel zurück.

 

Was würde Ihnen die Arbeit als 2. Vorsitzender konkret erleichtern?

Da gäbe es einige Punkte, z.B.

  • Mehr engagierte Personen, mehr Ehrenamtliche würden für eine gleichmäßigere Verteilung der Arbeitslast sorgen. Vereine könnten noch mehr Angebote machen und Events durchführen. Und das ganze weiterhin zu sehr günstigen Preisen. Leider wollen sich immer weniger dauerhaft „verpflichten“, lieber ab und zu helfen. Früher waren Vereinsmitglieder ein Leben lang Mitglied (Ältere Mitbürger halten das immer noch so), heute wird oftmals direkt gekündigt, wenn man etwas für ein paar Wochen nicht in Anspruch nimmt. Die Identifikation mit Vereinen scheint bei so manchem verloren gegangen. Vereine und deren Angebote werden als zu selbstverständlich wahrgenommen.
  • Mehr Unterstützung seitens des Bundes, Landes, Kreises und der Kommune in Sachen Sportstätten und Sportförderung. Förderpakete, Zuschüsse, steuerliche Vergünstigungen sind geboten, dabei sollten die Formalien auf ein Minimum reduziert werden. Die (Sicherheits-) Auflagen für vereinseigene Sportanlagen werden immer höher, diese sind mit hohen Kosten für Wartung, Prüfung und Umsetzung verbunden. Die Handwerker-, Energie, Betrieb-, Unterhaltskosten steigen deutlich stärker als die Mitgliedsbeiträge über die Jahre ansteigen. Energetische Sanierungen und damit auch Klimaschutz sind für viele Vereine nicht ansatzweise finanzierbar, trotzdem wird man der neu eingeführten CO2-Steuer und steigender Grundsteuer etc. belastet
  • Mir fehlt etwas die Dankbarkeit des Staates gegenüber ehrenamtlichen Organisationen und deren Helfern/Ehrenamtlern. Zwar gibt es steuerfreie Ehrenamtspauschalten, Aufwandsentschädigungen und neuerdings Ehrenamtskarten, viele verzichten jedoch auf solche Gegenleistungen. Warum nicht einen steuerlichen Freibetrag für Ehrenamtler sowie großzügige Steuerfreibeträge bzw. -vergünstigungen für gemeinnützige Vereine

Ich möchte an dieser Stelle sagen, dass wir sind sehr dankbar sind für das, was wir haben und stolz darauf, was bei uns alles in einem kleinen 800-Seelen-Dorf und mit rund 430 Vereinsmitgliedern läuft und das schuldenfrei. Aber es könnte besser sein und wir wären froh, wenn wir in eine sorgenfreie Zukunft blicken könnten und unsere vereinseigenen Anlagen in einen Zustand bringen könnten, dass die kommende Generation sich nicht darum sorgen muss. Ähnliches gilt für Sportanlagen in öffentlicher Hand, die unter den Haushaltsauflagen und der Sparpolitik leiden.

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Steckbrief

Name: Steffen Becker
Verein/Amt: 2. Vorsitzender SV Fischbach
geboren: Mai 1995
Beruf: ERP-Consultant Service bei proALPHA, Weilerbach
Sportart: Badminton
Motto: Zusammen ist man stark.

 

Hintergrund

Die Jubiläumsgala zum 70-jährigen Bestehen des Sportbundes Pfalz 2019 im Neustadter Saalbau präsentierte viele schöne Momente, interessante Menschen, tolle Musik- und Showeinlagen.

Die Interviewpartner aus dem pfälzischen Sport gaben Witziges und Nachdenkliches zum Besten, es gab emotionale Aussagen, in Gesprächsrunden spielte man sich die Bälle zu. Ein Appell war an diesem Abend aber besonders beeindruckend und er blieb hängen. Es sprach Ihn der glänzend aufgelegte Ex-FIFA-Schiri Markus Merk im Interview mit der Pfälzer-Schiri-Legende Werner Föckler. Merk sagte: »Das was in den Vereinen tagtäglich geleistet wird, das kann man gar nicht hoch genug bewerten. Und ich wünsche mir, dass es immer wieder Menschen gibt, auch und gerade junge Menschen, die bereit sind im Verein Verantwortung zu übernehmen. Denn ohne diese Leute geht es nicht. Also habt Mut, übernehmt Verantwortung, ihr werdet sehen, ihr werdet nicht nur Eurem Verein helfen, sondern werdet auch selbst davon profitieren.«

Diese Botschaft von Weltschiedsrichter Markus Merk möchten wir als Dachverband des pfälzischen Sports mit fast 2.100 Vereinen und 60 Fachverbänden im Jahr 2020 und vielleicht auch darüber hinaus transportieren: Übernehmen Sie Verantwortung im Sport! Sei es als Übungsleiter, als Jugendwart im Vorstand, als Betreuer im Verein, sei es als Schiedsrichter oder Platzwart – haben Sie Mut, Verantwortung zu übernehmen, Sie werden merken: es wird allen Beteiligten guttun – der Verein, der Sport und derjenige, der Verantwortung übernommen hat – jeder wird etwas davon haben.